Die Sternkunde ist die älteste aller Naturwissenschaften. An den rätselvollen Bewegungen von Sonne, Mond und Sternen entzündete sich vor rund 5000 Jahren der menschliche Forscherdrang.
Die systematische Beobachtung des Himmels begann etwa 3000 Jahren vor unsere Zeitrechnung gleichzeitig in Babylonien, Ägypten, Indien und China, als die ersten Kulturvölker sesshaft geworden waren. Durch den Beginn des Ackerbaus ergab sich die Notwendigkeit, die längeren Zeiträume zwischen Aussaat und Ernte zu überblicken. Schon bald machte man sich die regelmäßigen Bewegungen der Gestirne für die Zeiteinteilung zunutze.
Im Jahr 2772 v. Chr. wurde der ägyptische Kalender mit 365 Tagen eingeführt.
Damals waren nur Priester und Könige befugt, Sternkunde zu betreiben. In langen, klaren Nächten erforschten sie nicht nur die langsamen Bewegungen der Sterne, sie suchten auch nach deren Sinn und Bedeutung für die Mensche. Gleichermaßen betrieben sie Astronomie – die Wissenschaft von den Gesetzen der Sternbewegung, und Astrologie – die Lehre von der Botschaft der Sterne.
Schon die Sumerer in Babylon wussten, dass die Sonne im Verlauf eines Jahres durch die 12 Sternbilder des Tierkreises wandert, und sich die Planeten auf eigenen Bahnen bewegen. Daraus entwickelte sich 2620 v. Chr. die sumerische Astrologie, deren Erkenntnisse im wesentlichen bis heute übernommen wurden.
Als man 2000 Jahre später in Griechenland mit der Beobachtung des Himmels begann, war die Sternkunde nicht mehr auf Könige und Priester beschränkt – jeder durfte forschen, der sich dazu berufen fühlte. Zunächst hielt man die Erde für eine flache, runde Scheibe, von Wasser umflossen und überwölbt von einer Himmelskuppel, an der die Sterne allein zur Freude der Menschen haften.
Dann kam 560 v. Chr. der Philosoph Anaximandras auf den Gedanken, dass alle Formen im Weltall vollkommen sein müssten – und da die Kugel als vollkommenste Form galt, konnte die Erde nichts anders als eine Kugel sein, die sich freischwebend im Mittelpunkt der Welt befindet.
Aristoteles, der einflussreichste Philosoph der Antike, entwickelte daraus etwas 200 Jahre später folgendes Weltbild: Größere Kristallkugeln umgeben die Erde wie Zwiebelschalen. An ihnen sind Sonne, Mond und Sterne befestigt. Die Bewegung der Gestirne entsteht durch die harmonische Drehung dieser vielen Kristallkugeln; ihrer Reibung aneinander lässt Sphärenmusik erklingen.
Dieses Weltbild wurde auch an der Akademie von Alexandria gelehrt, die um das Jahr 300 v. Chr. von dem ägyptischen König Ptolemaios I. gegründet wurde. Er war selbst ein bedeutender Himmelsforscher und ein Freund von Alexander dem Großen. Bald war Alexandria Forschungszentrum der Sternkunde und Treffpunkt aller führenden Gelehrten der damaligen Zeit.
Dort lehrte auch um 140 der berühmteste Astronom des Altertums, Claudius Ptolemäus, nach dem das Kristallkugelsystem den Namen „Weltbild des Ptolemäus“ erhielt. Er verdankte seinen Ruhm nicht nur dem „Almagest”, einem Verzeichnis aller damals bekannten Fixsterne und Sternbilder samt Lagebeschreibungen – nicht minder angesehen war sein astrologisches Hauptwerk „Tetrabiblos”, in dem er die spezifischen Bedeutungen und Einflüsse der Gestirne auf das Menschenleben darstellte.
Sein Zeitgenosse war Hipparch, der auf der Insel Rhodos lebte. Wie alle Astronauten der Vergangenheiten zerbrach er sich den Kopf über fünf ganz bestimmte Sterne, die auf so seltsame Weise durch die Sternbilder wandern, dass sie nicht gut auf Kristallkugeln befestigt sein konnten. Man nannte sie „Wanderer”: Planeten. Er fand eine höchst einfache Lösung des Problems, indem er die Erde aus dem Mittelpunkt des Weltalls herausnahm und an deren Stelle die Sonne setzte. Doch wer mochte einen Inselgelehrten etwas derart banales glauben, solange der bedeutende Claudius Ptolemäus in Alexandria von Kristallkugeln und Sphärenmusik sprach? Hipparch wurde schleunigst vergessen, und da man sich die Bewegung der Planeten nicht erklären konnte, hielt man sie für göttliche Wesen, die das menschliche Schicksal lenken.
In den nächsten 160 Jahren ereignetet sich recht wenig in der Sternkunde. Doch dann lenkte ein Komet die Aufmerksamkeit auf einen Stall in Bethlehem. Ein Kind erblickte dort das Licht der Welt: Jesus Christus. Es erlangte eine so große Bedeutung, dass man diesem Jahr Null eine neue Zeitrechnung begann. Von nun an teilte man die Geschichte in eine Zeit vor und nach der Geburt Christi ein.
Erst 1500 Jahre nach diesem Ereignis stolperte wieder ein Gelehrter über die Planeten: Nikolaus Kopernikus, Professor in Krakau. Ohne Kenntnis von Hipparch kam er auf dasselbe Ergebnis, das im Verlauf weiterer 200 Jahre von Kepler, Galilei und Newton zweifelsfrei bewiesen werden konnte. Galilei benutzte 1609 erstmals ein Fernrohr – und diese neue Erfindung brachte die Astronomie mit Riesenschritten vorwärts.
1814 wurde die Spektralanalyse entwickelt, mit der die Himmelskörper auf ihre chemischen Bestandteile untersucht werden können. Durch die Erfindung der Fotografie 1834 wurden neue Beobachtungsmethoden erschlossen. Die Sternkunde fing an, sich in komplizierte Disziplinen zu verzweigen.
1969 betraten die ersten Menschen den Mond und das Zeitalter der Raumfahrt hatte begonnen.
Die Vorstellung der Menschen vergangener Zeiten, Krone der Schöpfung zu sein und im Mittelpunkt des Weltalls zu stehen, mag einfacher und befriedigender gewesen sein. Doch die Möglichkeiten der Welt von heute – und morgen – können mehr sein als nur Ersatz für den Verlust, nicht mehr Nabel der Welt zu sein.